Diagnose & Einordnung

Wenn der Muskel zu macht – Muskelverletzungen im Fußball

Abb. 1: Einteilung von Muskelverletzungen mit den mittleren Ausfallzeiten [Adaptiert nach Quelle 5]

Muskelverletzungen zählen zu den häufigsten Verletzungen im Fußball. Sie machen im Amateurbereich ca. ein Fünftel und im Profibereich ca. ein Drittel der gesamten Verletzungen aus (Quellen 1 & 2). Zu den am häufigsten betroffenen Muskeln gehören die großen Muskelgruppen des Oberschenkels (Ischiokrurale Muskulatur, der Quadrizeps und die Adduktoren) sowie die Wadenmuskulatur. Die richtige Diagnose und Einordnung von Muskelverletzungen sind wichtig, da eine übersehene oder falsche Diagnose aktiven Fußballer:innen langwierige Probleme bereiten kann. Die Einteilung der Muskelverletzungen erfolgt nach der Münchener Konsensus Klassifikation, die von einer Expertengruppe um den ehemaligen Mannschaftsarzt des FC Bayern München Dr. Müller-Wohlfahrt definiert wurde (Quelle 3).

Je nach Ursache unterscheidet man direkte von indirekten Muskelverletzungen. Direkte Muskelverletzungen entstehen durch Gegnerkontakt (“Pferdekuss”) und sind seltener im Vergleich zu den indirekten Muskelverletzungen (Quelle 4).

Die indirekten Muskelverletzungen werden weiter unterteilt in strukturelle und funktionelle Muskelverletzungen. Bei den funktionellen Muskelverletzungen liegen Störungen des Muskels vor, ohne einen nachweisbaren Schaden der Muskelstrukturen. Dabei kann es durch eine Überlastung des Muskels oder durch die Irritationen von Nerven zu einer Änderung der Muskelspannung kommen. Bei strukturellen Muskelverletzungen liegt ein Schaden des Muskels vor, der von einem Muskelfaserriss bis zum kompletten Muskelriss reichen kann. Die Ausfallzeiten variieren in Abhängigkeit der Muskelverletzung enorm (siehe Abb. 1).

Die Erstversorgung von Muskelverletzungen auf dem Platz erfolgt nach dem PECH-Schema (Pause, Eis, Compression und Hochlagern). Hierdurch wird eine weitere Einblutung in den geschädigten Muskel verhindert und damit die lokale Entzündungsreaktion minimiert.

Die weitere Therapie orientiert sich an der Art der Muskelverletzung. Glücklicherweise können 98% der Muskelverletzungen konservativ behandelt werden (Quelle 6). Dabei kommt der Physiotherapie bei der Wiederherstellung der Muskelfunktion und Bewegungsmustern eine wichtige Rolle zu. Eine Wiederaufnahme der sportlichen Tätigkeit sollte in enger Absprache mit dem Physiotherapeuten erfolgen, da bei Muskelverletzungen relativ schnell eine Schmerzfreiheit eintritt, die zu einer falschen Einschätzung der Heilung beitragen kann. Infolgedessen kann es bei einer zu schnellen Rückkehr auf den Fußballplatz zu einem Rückfall der Muskelverletzung kommen.

Durch präventive Trainingsmaßnahmen können Muskelverletzungen vermieden werden. Dazu gehören u.a. Dehnungsübungen, rumpfstabilisierende Trainingseinheiten und Übungen, die die Koordination zwischen unterschiedlichen Muskelgruppen fördern (Quelle 5).


Quellen:

  1. Inklaar H. Soccer Injuries: I. Sports Med. 1994 Jul;18(1):55–73.
  2. Ekstrand J, Hägglund M, Waldén M. Epidemiology of Muscle Injuries in Professional Football (Soccer). Am J Sports Med. 2011 Jun;39(6):1226–32.
  3. Mueller-Wohlfahrt H-W, Haensel L, Mithoefer K, Ekstrand J, English B, McNally S, et al. Terminology and classification of muscle injuries in sport: The Munich consensus statement. Br J Sports Med. 2013 Apr;47(6):342–50.
  4. Ueblacker P, Müller-Wohlfahrt H-W, Ekstrand J. Epidemiological and clinical outcome comparison of indirect (‘strain’) versus direct (‘contusion’) anterior and posterior thigh muscle injuries in male elite football players: UEFA Elite League study of 2287 thigh injuries (2001–2013). Br J Sports Med. 2015 Nov;49(22):1461–5.
  5. Albrecht S. Sportverletzungen: Diagnose, Management und Begleitmaßnahmen. 3., überarbeitete Auflage. Engelhardt M, editor. München: Elsevier, Urban & Fischer; 2016. 940 p.
  6. Engelhardt M, Albrecht S, editors. Sportverletzungen: Diagnose, Management und Begleitmaßnahmen; [offizielles Manual der GOTS]. 1. Aufl., [2. Nachdr.]. München: Elsevier, Urban & Fischer; 2007. 834 p.

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