Handlungsempfehlungen

Gehirnerschütterung im Fußball – Teil 2: Eine unterschätzte Gefahr

Christoph Kramer erlitt im WM-Finale 2014 eine Gehirnerschütterung. [Foto: Getty Images]

In dieser Ausgabe folgt der zweite Teil des kurzen Überblicks „Gehirnerschütterungen im Fussball“. Kurzzusammenfassung des ersten Teils: Die Gehirnerschütterung ist eine häufige Verletzung im Fussball. Sie geht mit einer Vielzahl an möglichen Symptomen einher. Eine Ersteinschätzung vor Ort erfolgt in aller Regel durch Mitspieler, Betreuer oder Zuschauer. Tolle Tools, die bei der Ersteinschätzung auf dem Platz helfen und die auf jedem Platz griffbereit sein sollten, sind die Taschenkarte „Concussion recognition tool“ und die Smartphone-App „Gehirn-Erschütterungs-Test-App“.

Bei einem verletzten Spieler besteht nun der Verdacht auf eine Gehirnerschütterung – Was ist zu tun?

Besteht der Verdacht auf eine Gehirnerschütterung sollte der Sportler unbedingt aus dem Spiel genommen und nicht mehr am gleichen Tag eingesetzt werden. Auch dann, wenn die Symptome rasch vorüber gehen, und der Spieler angibt sich fit zu fühlen. Der Verletzte sollte zudem zeitnah bei einem Arzt vorstellig werden. Eine unmittelbare ärztliche Vorstellung ist bei Vorliegen einem oder mehrerer der folgenden Warnsymptome notwendig (3,4): Bewusstlosigkeit, Pupillendifferenz, jugendliches Alter, anhaltende Verwirrtheit, Sehstörungen, Sprachstörungen, Taubheitsgefühle oder Lähmungserscheinungen an einer Extremität, Verschlechterung einer Symptomatik oder der Bewusstseinslage, Erbrechen. Bis zur ärztlichen Beurteilung sollte der Verletzte nicht allein gelassen werden.

Durch einen Arzt erfolgt dann in der Klinik oder Praxis die Diagnosestellung. Stellt der Arzt die Diagnose einer Gehirnerschütterung wird er das weitere Vorgehen festlegen.

Eine spezielle Gehirnerschütterungs-Therapie ist nicht bekannt. In der Akutphase wird körperliche und geistige Ruhe dringend empfohlen. Hierbei sind äußere Reize (Smartphone, TV, PC, Musik) und generelle Anstrengungen für das Gehirn (Lernen, Lesen, Konzentrieren, u.a.) weitestgehend zu vermeiden. Erst nach Abklingen der Symptome sollten geistige und körperliche Belastungen wieder aufgenommen werden (3,4). In 85 % der Fälle zeigt sich eine vollständige Symptomerholung innerhalb der ersten Woche und in 97 % innerhalb eines Monats (3).  

Bei Symptomfreiheit sollte ein gestaffeltes Programm zur Wiedererlangung der Schul-/ bzw. Arbeits- und Sportfähigkeit durchgeführt werden, bei dem die Rückkehr zur Schule/Arbeit immer vor der Rückkehr zum Sport steht (1,3,4). Die einzelnen Stufen des Programms werden nacheinander durchgeführt, wobei jede Stufe mindestens 24 Stunden andauert und ohne Auftreten von Beschwerden absolviert werden muss. Bei Auftreten von Symptomen wird der Verletzte in die vorherige Stufe zurückversetzt. Insgesamt sind entsprechend mit Ausfallzeiten von mindestens 6 bis 10 Tagen bis zur vollen Spielfähigkeit zu rechnen. Diese Zeitdauer entspricht der Erholungszeit der Nervenzellen.

Initiiert durch die „ZNS – Hannelore Kohl Stiftung“ findet sich auf der Webseite „Schütz deinen Kopf – Gehirnerschütterungen im Sport“ ein mögliches gestaffeltes Programm „Zurück-in-die-Schule“ und „Zurück-zum-Sport“.

Das Einhalten der entsprechenden Erholungszeiten ist unbedingt empfohlen. Bei zu früher Sportaufnahme können die Beschwerden zeitlich deutlich verlängert werden. Zudem besteht in der akuten Phase nach einer Gehirnerschütterung ein erhöhtes Risiko für erneute Gehirnerschütterungen und andere Verletzungen. Vor allem das Auftreten mehrerer Gehirnerschütterungen im Verlauf scheint das Risiko für Depressionen oder andere neurologische Erkrankungen zu erhöhen (5). Allerdings sind mögliche Spätfolgen der Gehirnerschütterung bislang wenig erforscht.

Zusammenfassend stellt die Gehirnerschütterung eine Verletzung dar, welche häufig übersehen und unterschätzt wird. Ist die Diagnose gestellt, so sollte ein an die Beschwerden adaptiertes gestaffeltes Programm zur Wiedererlangung der Sportfähigkeit erfolgen. Eine verfrühte Aufnahme der sportlichen Belastung sollte vermieden werden.


Quellen:

  1. McCrory P, Meeuwisse W, Dvořák J, Aubry M, Bailes J, Broglio S, u. a. Consensus statement on concussion in sport-the 5th international conference on concussion in sport held in Berlin, October 2016. Br J Sports Med. Juni 2017;51(11):838–47.
  2. Putukian M, Echemendia RJ, Chiampas G, Dvorak J, Mandelbaum B, Lemak LJ, u. a. Head Injury in Soccer: From Science to the Field; summary of the head injury summit held in April 2017 in New York City, New York. Br J Sports Med. November 2019;53(21):1332.
  3. Gänsslen A, Schmehl I, Klein W, Rickels E. Handlungsempfehlung – Gehirnerschütterung im Sport. Trauma Berufskrankh. 1. Mai 2016;18(4):326–31.
  4. Hubertus V, Marklund N, Vajkoczy P. Management of concussion in soccer. Acta Neurochir (Wien). März 2019;161(3):425–33.
  5. Manley G, Gardner AJ, Schneider KJ, Guskiewicz KM, Bailes J, Cantu RC, u. a. A systematic review of potential long-term effects of sport-related concussion. Br J Sports Med. 1. Juni 2017;51(12):969–77.

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