Nach der ersten längeren, durch die Coronapandemie bedingten Zwangspause im Frühjahr und Sommer 2020 war die Lust auf Fußball zu Beginn des Spieljahres 2020/2021 – wie auch heute – entsprechend groß. So auch am zweiten Spieltag der Staffel 1 in der Kreisliga Warnow Mitte September des letzten Jahres. Der SV Pepelow empfing zu jenem Zeitpunkt die zweite Vertretung des Sievershäger SV zum ersten Heimspiel nach mehreren Monaten.
Kurz nachdem Tino Weihrauch und Dennis Meissner die Hausherren mit einem Doppelschlag mit 2:0 in Führung gebracht hatten, ereignete sich vor mehr als 130 Zuschauern auf dem Pepelower Sportplatz eine bemerkenswerte Szene. Was war passiert? In der 30. Spielminute war Weihrauch erneut in den Strafraum eingedrungen, sein Gegenspieler berührte den Ball im Zweikampf mit der Hand. Ein Pfiff des Schiedsrichters ertönt – Elfmeter! Die große Chance auf das frühe 3:0 und die mögliche Vorentscheidung. Doch zur Ausführung des Strafstoßes kam es schlussendlich nicht.
Nachdem ich aufgestanden war, weil ich umgeknickt bin und dadurch zu Fall kam und bemerkte, dass der Schiedsrichter Elfmeter anzeigte, bin ich zu ihm hin und habe ihm gesagt, dass es kein Elfmeter war.
– Tino Weihrauch, SV Pepelow
Denn als Tino Weihrauch (38 Jahre) die Lage erkennt, reagiert er wie ein echter Sportsmann und informierte der Unparteiischen über den tatsächlichen Hergang. “Ich hatte in der Situation nicht groß überlegt”, sagt Weihrauch heute und blickt auf die Szene zurück: “Nachdem ich aufgestanden war, weil ich umgeknickt bin und dadurch zu Fall kam und bemerkte, dass der Schiedsrichter Elfmeter anzeigte, bin ich zu ihm hin und habe ihm gesagt, dass es kein Elfmeter war.”
Vor dem geahndeten Handspiel war Weihrauch ohne Fremdeinwirkung aus dem Tritt geraten und hatte seinen Gegenspieler in der Folge ungewollt gefoult.
Eine vorbildliche Geste
Lefter Adhamidhi, ein in der Region bekannter Referee mit jeder Menge Erfahrung und Einsätzen, nahm seine Entscheidung im Anschluss an die faire Geste von Weihrauch im Wissen der neuen Informationen zurück. “Ich habe sein Foul nicht wahrgenommen”, sagt der 49-Jährige. “Ich habe schon tausende Spiele gepfiffen und nie eine solche Situation gehabt, dass ein Spieler von selbst den Elfmeter nicht nehmen will. Er kam zu mir und hat gesagt, dass er zuerst foulte, und zwar sehr überzeugend.” Das war einst Grund genug für Adhamidi, die Szene auch im Spielbericht zu vermerken. Seine abschließenden Worte seinerzeit: “In meinen Augen ein großes Lob zum Fairplay! Eine vorbildliche und klasse sportliche Geste.”
“Für mich war das keine Frage”
Das sah auch Staffelleiter Andreas Presch so, der die tolle Aktion von Weihrauch schließlich für die Fairplay-Geste meldete. “Es ist als Staffelleiter einer Kreisliga Herren eher ungewöhnlich, einen Eintrag in den Bemerkungen des Spielberichtsbogens zu erhalten, der eine Situation beschreibt, die positiv hervorzuheben ist”, so Presch. In seiner zweiten Rolle als Schiedsrichter hatte er mit Tino Weihrauch ebenfalls schon öfter auf dem Spielfeld zu tun und ihn “in vielen Begegnungen immer wieder als klaren, positiven und seine Mannschaft aufbauenden Menschen und zudem furchtbar fairen Spieler” kennengelernt. Die Auszeichnung mit der Fairplay-Geste war daher quasi überfällig.
Für den hochgelobten Pepelower war sein Handeln aber selbstverständlich und er fordert dies auch von allen anderen Sportler:innen ein: “Für mich war das keine Frage. Ich wusste, dass es so richtig war und wünsche mir das von vielen anderen Spielern auch, nicht nur im Amateurfußball.”
Erst Fairplay, dann Siegtreffer
Übrigens: Es war durchaus möglich, dass der Verzicht von Tino Weihrauch auf den Elfmeter für ihn und seine Mannschaft Einfluss auf die Punktausbeute an jenem Nachmittag hätte nehmen können. Denn Mitte der zweiten Halbzeit erzielten die Gäste aus Sievershagen den 2:2-Ausgleich. Aber es gab doch noch die drei Punkte für Pepelow. Der Torschütze des Siegtreffers in der 90. Minute: Tino Weihrauch.
Für sein aufrichtiges Verhalten im Kreisliga-Spiel wurde Tino Weihrauch am Sonntag im Rostocker Ostseestadion im Rahmen des DFB-Pokalspiels zwischen dem F.C. Hansa und dem 1. FC Heidenheim von LFV-Präsident Joachim Masuch mit der Fairplay-Geste ausgezeichnet.