Kinderschutz: "Kein Hexenwerk", aber eine wichtige Daueraufgabe


01.06.2021
Junioren • Juniorinnen • Soziales • Gesellschaftliche Verantwortung • Kinderschutz

Heute ist der 1. Juni – ein Tag, an dem alljährlich der internationale Kindertag begangen wird und insbesondere die Bedürfnisse unserer Jüngsten und nicht zuletzt auch der richtige Umgang mit ihnen in den Mittelpunkt gerückt wird. Wohlwissend ein fortwährender Auftrag, dem sich auch der Landesfußballverband Mecklenburg-Vorpommern (LFV) im Rahmen seiner gesellschaftlichen Verantwortung und Möglichkeiten bewusst ist und diesem auch stellt. Nicht zuletzt deswegen wurde unter anderem zu Beginn des Jahres das Thema Kinderschutz verpflichtend in die Ausbildung für Trainer:innen integriert. Und auch im Zuge der Vereinsberatung wird hierfür sensibilisiert und die ersten Schritte bei Bedarf gemeinsam unternommen. Eine Institution, die den LFV dabei maßgeblich unterstützt, ist der Landesverband des Kinderschutzbundes Mecklenburg-Vorpommern (KSB).

lfvm-v.de hat in diesem Zusammenhang mit KSB-Geschäftsführer Carsten Spies und Mitarbeiterin Maria Dahlke gesprochen, um weitere Hintergründe zum Thema Kinderschutz zu sammeln und mehr über die Arbeitsweise und Struktur des KSB zu erfahren.


Interview

Herr Spies, seit wann gibt es den Kinderschutzbund Mecklenburg-Vorpommern und wie ist er strukturiert?

Carsten Spies: Der erste Ortsverband des Kinderschutzbundes wurde 1991 in Greifswald gegründet. Es folgten später die Orts- und Kreisverbände Schwerin, Rostock, Ludwigslust-Parchim und Stralsund. Die Orts- und Kreisverbände sind heute Mitglieder im Landesverband des Kinderschutzbundes, der allerdings erst 1997 entstand.

Welche Aufgaben hat der Kinderschutzbund konkret und welche Ziele verfolgt er damit?

Carsten Spies: Eine der wichtigsten Aufgaben des Kinderschutzbundes ist die Lobbyarbeit für die Interessen der Kinder und Jugendlichen. Dabei fungiert der Landesverband insbesondere als fachlicher Ansprechpartner für Ministerien, Fachämter und Gremien. Der Kinderschutzbund leistet überörtliche Multiplikatorenarbeit. Er nimmt Einfluss auf die Umsetzung der Kinderrechte als Querschnittsaufgabe bei allen Kinder und Jugendliche betreffenden Projekten und Aktivitäten. Darüber hinaus organisiert der Kinderschutzbund konkrete Hilfs- und Beratungsangebote an vielen Orten sowie auf Landesebene. Dazu gehören Hilfen für Kinder und Jugendliche mit Gewalterfahrungen, Sorgentelefone für Kinder, Jugendliche und Eltern und schulische Unterstützungen und Freizeitangebote für benachteiligte Kinder an sozialen Brennpunkten.
Übergreifendes Ziel unseres Verbandes ist die Umsetzung der UN-Kinderrechtekonvention. Konkret umfasst dies die Verwirklichung einer kinderfreundlichen Gesellschaft, die Förderung und den Erhalt einer kindgerechten Umwelt, die Förderung der geistigen, psychischen, sozialen und körperlichen Entwicklung der Kinder und den Schutz der Kinder vor Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt jeder Art. Dazu gesellen sich zudem die Herstellung sozialer Gerechtigkeit und Chancengleichheit für alle Kinder und die Beteiligung von Kindern bei allen Entscheidungen, Planungen und Maßnahmen, die sie gemäß ihres Entwicklungsstands betreffen sowie die Förderung kinderfreundlichen Handelns der einzelnen Menschen und aller gesellschaftlicher Gruppen.

Gibt es in diesem Zusammenhang auch ein bundesweites Netzwerk oder beschränkt sich das Wirken auf die Landesgrenzen von MV?

Carsten Spies: Der Kinderschutzbund ist mit seinen über 5.000 Mitgliedern in 450 Orts- und Kreisverbänden die größte und älteste nationale Kinderschutzorganisation und bundesweit organisiert. Mehr als 15.000 ehrenamtliche und über 5.000 hauptamtliche Mitarbeiter:innen sorgen für eine verantwortungsbewusste Kinderschutzarbeit vor Ort.

Frau Dahlke, das Thema Kinderschutz ist seit mehreren Monaten in den Medien immer häufiger präsent. Warum ist das so bzw. warum war das nicht früher der Fall? Wurde Kinderschutz (zu) lange als Selbstverständlichkeit angesehen, die von der Realität eingeholt worden ist?

Maria Dahlke: Das Thema Kinderschutz im Sport ist nicht neu. Durch die mediale Berichterstattung jüngster Vergangenheit gerät die Thematik immer mehr in den Blick der Gesellschaft. Wir begrüßen diese Entwicklung sehr und sollten sie dazu nutzen, zentrale Anlauforte von Kindern und Jugendlichen mit ihnen zusammen, zu noch sichereren Orten weiterzuentwickeln. 

Wie wichtig ist ein sensibler bzw. nachhaltiger Umgang mit dem Thema Kinderschutz im Sport aus ihrer Sicht?

Maria Dahlke: Ein professioneller und wirkungsvoller Umgang mit Kinderschutzfragen im Vereinsleben ist keine punktuelle Aufgabe, die nach einer gewissen Zeit ihren Abschluss findet. Kinderschutz ist als Daueraufgabe zu verstehen, die individuell, abgestimmt auf die vereinsbezogenen Rahmenbedingungen, angeschaut und immer wieder auf ihre Aktualität, Umsetzbarkeit und Vollständigkeit überprüft werden muss. Eine aktive Kinderschutzarbeit im Verein ist ein absolutes Qualitätsmerkmal.
Dabei stellt die Beschäftigung mit der Thematik kein „Hexenwerk“ dar. Bedarf sie anfangs noch etwas mehr Aufmerksamkeit und Bereitschaft, geht sie relativ zeitnah in das routinierte Alltagsgeschäft des Vereinslebens über. Es lohnt sich den Prozess der Beschäftigung mit Kinderschutzfragen anzugehen und sich bereits vor dem Auftreten eines Krisenfalls gut aufzustellen. Darüber hinaus ist zu bemerken, dass der größte Anteil der Kinderschutzarbeit die vereinsinterne Präventionsarbeit betrifft. Viele Vereine leisten auf diesem Gebiet schon sehr viel, ohne es sich bislang bewusst gemacht zu haben. Ich rege in diesem Zusammenhang dazu an, den Blick für das, was es bereits gibt zu öffnen und zu schauen, an welchen Stellen Ergänzungen möglich und nötig sind.

Was erhoffen Sie sich in diesem Zusammenhang von der Zusammenarbeit mit dem Landesfußballverband, dem größten Sportfachverband in MV?

Maria Dahlke: Zusammen mit dem Landesfußballverband können wir mit einer großen Reichweite Aufmerksamkeit für das Thema Kinderschutz im Sport erlangen und den Ausbau einer Kultur der Achtsamkeit vorantreiben.

Wie kam die Zusammenarbeit mit dem Landesfußballverband zustande?

Maria Dahlke: Die ehrenamtliche Tätigkeit im Vereins- und Verbandsleben hat beim Kinderschutzbund eine lange Tradition. Die langjährige Erfahrung hat gezeigt, dass gut geschulte und sensibilisierte Ehrenamtliche eine Bereicherung innerhalb der Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen darstellen und sie als Vertrauenspersonen eine wichtige Ressource darstellen. Dieses Potential in der Kinder- und Jugendarbeit findet sich ebenso insbesondere im Sport. Auf Bundesebene kooperiert der Kinderschutzbund seit mehreren Jahren mit dem DFB. Folgerichtig kann auf Landesebene an diese erfolgreiche Zusammenarbeit durch eine Kooperation mit dem Landesfußballverband angeknüpft werden.

Und mit welchen Mitteln wird sich der Kinderschutzbund in diese Kooperation einbringen?

Maria Dahlke: Mit unserer Ausrichtung und Haltung sowie unserer langjährigen Erfahrung in der Kinderschutzarbeit verstehen wir uns als Ansprechpartner aller möglichen Belange von Kindern und Jugendlichen. Eine Kooperation lebt unseres Verständnisses nach von einer gegenseitigen Unterstützung im „Alltagsgeschäft“ durch bspw. regelmäßigen Informationsaustausch und Beratung. Insbesondere für Kinderschutzfragen, aber auch bei der Realisierung und Umsetzung der Kinderrechte stehen wir unseren Kooperationspartnern mit Rat und Tat zur Seite. Gerne beteiligen wir uns bei der Vorbereitung und/oder Durchführung von thematischen und kulturellen Veranstaltungen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Zu den Personen

Carsten Spies ist seit 2008 Geschäftsführer des Kinderschutzbundes Mecklenburg-Vorpommern. Zu den größten Hobbies des 66-jährigen studierten Sozialpädagogen und Sozialmanagers gehört das Wandern.

Maria Dahlke hat Soziologie und Erziehungswissenschaften studiert und gehört seit 2019 zum KSB-Team. Die 32-Jährige hat dort die Projektleitung für die Kontaktestelle Kinderschutz inne. Neben der Arbeit ist Dahlke vor allem sportlich aktiv: Fußball, Joggen und Hindernisläufe stehen bei ihr dabei ganz oben auf der Liste.


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